Stellen wir uns den Tatsachen: das Musikbusiness ist nach wie vor eine Brutstätte für Abzocker und Betrüger. Geben wir nicht gleich den großen Spielern die Schuld, nein, gerade unter winzigen Labels und Dienstleistern finden sich die meisten schwarzen Schafe, die sich an der Naivität vieler Musiker bereichern oder gleich von vornherein wissen, dass sie hier und da ein Bisschen tricksen werden – zu ihren Gunsten.
Ich kenne sehr viele Musiker aus aller Welt, die von ihren Labels, Promotern oder Vertriebsfirmen ‚unsauber’ behandelt wurden. Zweifelhafte Verkaufsberichte, falsche Abrechnungen, ausbleibende Zahlungen und faule Ausreden. Natürlich können wir keinen notorischen Betrüger zu einem Ministranten umerziehen, wir können aber dennoch ein paar Vorkehrungen treffen, um a) dem Gegenüber den Betrug zu erschweren, b) im Falle eines Betruges bessere Karten zu haben und c) einen unangenehmen Kooperationspartner bereits im Vorfeld zu erkennen.
Der Vertrag, gleich ob Label-, Distributions- oder Managementdeal bietet sich hier als willkommenes Instrument an.
Keine Rechtsberatung
An dieser Stelle der Hinweis, dass ich hier keine Rechtsberatung erteile und kein Jurist bin, stattdessen aus eigener Erfahrung berichte und hier einige Dinge aufliste, die eigentlich zur Norm gehören – auch in der Musikbranche.
Veröffentlichungsdatum festlegen
Um zu vermeiden, dass Dein Album sein Dasein in den Schubladen des Labels fristet, während Dir rechtlich die Hände gebunden sind, die betreffenden Songs selbst zu veröffentlichen, ist es ratsam, im Vertrag ein festes Datum festzulegen, an dem das Album offiziell veröffentlicht und auch in physischer Form an Verkaufsstellen geliefert wird (es wäre sonst zu leicht für das Label, das Album lediglich auf der eigenen Website verfügbar zu machen und so eine Veröffentlichung zu rechtfertigen). Sollte das Label dieses Datum verstreichen lassen, fallen sämtliche Rechte wieder zurück an Dich. Scheue Dich nicht davor, das anzusprechen, das ist allgemein üblich.
Verkaufsberichte und Zahlungstermine
Man mag es kaum glauben, aber sehr viele Musikdienstleister regeln in ihren Verträgen weder Verlaufsberichte, noch wann und auf welche Weise gezahlt wird. In jeder Branche sind detaillierte Aufstellungen und klare Zahlungsmodalitäten geregelt. Wer dies vergisst, erweist sich schlichtweg als unprofessionell. Ein entsprechender Passus sollte also vorhanden sein. Üblich sind viertel- oder halbjährliche Auszahlungen, in der Regel 30 oder 60 Tage nach Ende er jeweiligen Abrechnungsperiode.
Ebenso sollte klar geregelt sein, wann und in welcher Form das Label bzw. der Vertrieb Verkaufsberichte liefert. Auch dies darf erwartet werden. Ich arbeite mit einem Vertrieb zusammen, der mir detailliert auflistet, wie viele Einheiten von welchem Album über welche Kanäle verkauft innerhalb eines Zeitraumes wurden.
Mengen festlegen
Gerade hinsichtlich der Erstauflage schadet es nicht, sich auf die Höhe der Erstpressung zu einigen bzw. darauf, welche Stückzahl Du dem Vertrieb anlieferst. So hast Du automatisch einen Überblick über das Inventar. Das Label sollte in der Lage sein, die Fertigungsrechnung auf Verlangen vorzulegen.
Es geschieht nun leider häufig, dass von den vorhandenen Einheiten nur sehr wenige abgerechnet werden, während der Rest in ominöse Promotionkanäle gewandert ist. Um diesem Betrug vorzubeugen, kannst Du wiederum festlegen, wie viele Einheiten für Promotionzwecke verwendet werden dürfen und müssen. Beginnt das Label also mit einer Erstauflage von 500 Stück und verwendet davon 100 zu Bemusterungszwecken, bleiben 400 für den Verkauf übrig.
Promotion Bericht
Jeder seriöse Promoter wird Dir nicht nur eine Liste mit den bemusterten Medien bereitstellen, er wird auch Belege für Rezensionen und Interviews vorlegen, sei es in Form von Weblinks oder Zeitungsausschnitten. So arbeiten gute Promoter tatsächlich, vergiss alles andere. Birgitt Schwanke von GerMusica Promotion schickte mir sogar eine Liste, auf der vermerkt war, in welcher Radiosendung welcher Song gespielt wurde. Regle die Promotion schriftlich.
Rückkauf- und Rücklieferungsoption
Insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Vertreiben, die Du selbst mit CDs belieferst, ist es wichtig – und wieder einmal üblich – nicht verkaufte Stückzahlen nach einer gewissen Zeit (z.B. 12 Monaten) zurück zu verlangen (Du übernimmst hier das Porto). Auch Labels bieten ihren Musikern oft an, restliches Inventar zum Großhandelspreis abzukaufen.
Warum ist das so wichtig? Zum einen kannst Du Deine CDs zurück bekommen, wenn sich Label oder Vertreib als schlechte Verkäufer erweisen. Zweitens aber kann hier schnell die Wahrheit zu Tage treten, wenn das Label falsch abrechnet:
Hat Label oder Vertrieb 500 Einheiten gepresst oder geliefert bekommen, davon 100 Stück zur Bemusterung verwendet, bleiben 400 für den Verkauf übrig. Rechnet das Label also 50 Einheiten ab, sollte es in der Lage sein, die übrigen 350 vorzulegen bzw. deren Verbleib anhand von Lieferscheinen und gestellter Rechnungen an Vertriebspartner zu belegen. All das wird nicht einfach sein, aber jetzt befindest Du Dich in einer besseren Position und kannst im schlimmsten Fall besser entscheiden, ob sich ein gerichtliches Vorgehen lohnt.
Aber wenn sie nicht auf Dich eingehen?
Verträge sind dazu da, ausgehandelt und zumindest bis zu einem gewissen Umfang individuell gestaltet zu werden. Ich weiß aber, dass viele Dienstleister nicht bereit sind, auch nur kleine Änderungen an ihren Verträgen vorzunehmen – nicht einmal, wenn sie zu ihrem Vorteil wären. Dazu gibt es dann allerlei Begründungen: „Wenn jeder einen anderen Vertrag haben will, haben wir doppelt so viel Arbeit“ oder „Für Änderungen (selbst unbedeutende) müssen wir unseren Anwalt befragen, der kostet uns mehr als wir jemals mit Dir verdienen werden“.
Das ist alles B.S. Weicht das Label, der Vertrieb oder das Management – wer auch immer Dein Vertragspartner ist – kein Bisschen von seinem für Dich eher unvorteilhaften Standardvertrag ab, ist es schlichtweg an der Zeit, weiter zu ziehen. Anderenfalls ist die Sache zu unsicher. Nicht jeder muss gleich böse Absichten haben, doch es gibt tatsächlich Verträge, die ausreichend Spielraum für üble Praktiken lassen.
Unterzeichne keinen schlechten Vertrag, nur weil es der einzige ist, der Dir vorgelegt wurde.
Für genauere Einzelheiten solltest Du einen in der Musikbranche erfahrenen Rechtsanwalt konsultieren, dies hier sind – wie erwähnt – nur ein paar persönliche Erfahrungen und Werte.
Hier ist Deine letzte Möglichkeit, Dich zur MusicBiz Madness Konferenz am 11.10.2015 anzumelden.
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