(Foto: Heli Mayr)
„Nehmt alles selbst in die Hand“
Der Musiker Jack Power ist Mastermind der österreicher Hard Rock Band Sergeant Steel, produziert andere Interpreten, komponiert Musik für Computergames und verwirklicht gerade sein eigenes Musical. Ganz nebenbei hat er auch noch einen ‚richtigen‘ Job. Im Gespräch mit Julian Angel schildert er seine Erfahrungen und sparte dabei nicht mit Worten…
Julian Angel (J.A.): Hi Jack, bevor wir ans Eingemachte gehen, stelle Dich bitte kurz vor, wer Du bist und was Du tust…
Jack Power (J.P.): Okay, dann nimm dir mal viel Zeit zum Lesen: Also, ich bin das Mastermind (Songwriter und Oberwichtel) und Gitarrist bei der besten (und schönsten) Hardrock-Band aus Österreich: SERGEANT STEEL. Überdies hinaus bin ich Musikproduzent und da ziemlich umtriebig: habe von Deathmetal, über symphonische Musik bis hin zu so komischen Electronic-Zeugs alles gemacht, auch Werbespots und Musik für’s Theater waren da dabei. Zurzeit produziere ich mit einem Nachwuchstalent (oder eher Talentin) ein richtig schickes Popalbum, mit viel Kommerz und Plastikbeats. Macht Spaß, aber meine große Liebe gehört der Rockmusik und Produktionen, die erst einmal bei 200 Spuren pro Song beginnen (der Horror für jeden Mixer). Auch hab ich mich als Hampelmann für diverse Bandworkshops versucht, das aber aus zeitlichen Gründen an den Nagel gehängt.
Zurzeit erfülle ich mir einen großen Traum und schreibe an meinem ersten Musical (mit professioneller und prominenter Unterstützung) – musikalisch wird’s wieder rockig, mehr wird noch nicht verraten. Und weil ich gerne Texte und Drehbücher schreibe, übe ich mich in meiner Freizeit auch als Autor – das aber nur am Rande … Ich habe Publizistik studiert und arbeite hauptberuflich in einem Sozialverein im PR-Bereich als Marketinglümmel.
J.A.: Sergeant Steel gilt wohl Dein Hauptaugenmerk. Euer Debüt Album „Lovers & Maniacs“ habt Ihr zuerst in Eigenregie veröffentlicht, später dann einen Deal mit Refused Records abgeschlossen. Wie habt Ihr das Album zunächst selbst vermarktet und haben sich dabei bestimmte Methoden als besonders ergiebig herausgestellt?
J.P.: Ja, ganz richtig. Sergeant Steel ist mein Baby, auf das ich sehr stolz bin. Zuerst haben wir probiert, mit einschlägigen Fachmagazinen Kontakt aufzunehmen. Ein paar haben angebissen, ein paar nicht. Das Album hat stark polarisiert – lustig waren für mich vor allem Kritiken wie: Sergeant Steel können sich nicht entscheiden, ob sie wie Queen oder Judas Priest klingen wollen. Das hätte eigentlich eine negative Kritik sein sollen. Nennt mich naiv, aber ich habe mich darüber gefreut.
Weitere Kritiken wie z.B. im deutschen Metal Hammer waren dagegen sehr überschwänglich und positiv, deswegen waren wir gleich „Demo des Monats“.
Durch meinen Beruf habe ich auch sehr gute Kontakte zu regionalen Medien – diese haben uns ebenfalls ziemlich gepusht. Ich kann daher empfehlen, persönlich mit Medienleuten Kontakt aufzunehmen – und mit diesen auch die Beziehung zu pflegen; vor allem mit denen, die einem wirklich sympathisch sind, alles andere fühlt sich für mich eher falsch an.
J.A.: Hat sich der Deal mit einem Label gelohnt? Der Einfluss des Labels ist wahrscheinlich größer, dafür bleibt Euch nur ein Teil vom Kuchen übrig…
J.P.: Nein, außer Spesen, nichts gewesen. Ich möchte mich hier nicht persönlich über irgendwen äußern, aber außer, dass wir Geld für das Label und Promotion ausgegeben haben, war da nichts. Wir haben dafür NULL Gegenleistung bekommen. Wir haben bis dato noch keinen Cent unserer verkauften CDs gesehen – und das werden wir vermutlich auch nicht mehr. Das nennt man Lehrgeld – ich kann nur jeder Band raten: unterschreibt nicht bei einem Kleinstlabel – oder vielleicht noch besser – bei gar keinem Label. Auch vertragliche Vereinbarungen helfen euch bei Differenzen mit dem Label nicht viel. Das Beste ist (und das war auch der Rat von Michael Wagener) – nehmt alles selbst in die Hand, baut euch euer eigenes Vertriebsnetz auf. Das ist viel Arbeit, aber es lohnt sich. Und wenn dann jemand etwas verbocken kann, dann ihr selbst …
J.A.: Stichwort ‚Michael Wagener‚. Ihr habt mit Produzent Beau Hill (u.a. Alice Cooper, Europe, Winger, Warrant, Ratt) zusammengearbeitet; nun gut, der Herr verkaufte sich vor ein paar Jahren mit aufdringlicher Vertretermasche an so ziemlich jeden, der genügend Scheine für einen Mix herüberwachsen ließ. Michael Wagener (u.a. Metallica, Queen, Ozzy Osbourne, White Lion) ist eine andere Hausnummer. Wie kam es zu der Zusammenarbeit beim aktuellen Album? Und wieder die Frage nach der Rentabilität?
J.P.: Naja, ich war mit Beau und seiner Arbeit sehr zufrieden und das investierte Geld war’s uns wert. Natürlich fällt für eine junge Band so eine Kooperation erstmals unter Liebhaberei – aber ich finde unsere Musik so geil, dass ich sie nur den besten Tontechnikern in die Hände lege – was anderes kommt mir nicht in die Tüte. Zum Beispiel haben wir ja auch einmal eine Single von Peter Mew (Deep Purple, Beatles, etc.) in den Abbey Road Studios mastern lassen – wie gesagt: das Beste ist gerade gut genug!
Und – so unter uns – scheiß egal, von wem wir sprechen – zeig mir einen im Musikbiz, der nicht käuflich ist! Haha, auch wenn es viele Musiker nicht wahr haben wollen, Musik ist ein Geschäft (deswegen Business), da geht’s um Kohle. Wer Musik macht um seinen inneren Schöngeist zu befriedigen, soll das gerne machen, aber nicht darauf hoffen, dass das jemanden interessiert und er davon leben kann. Wer davon leben will, muss schon ein bisschen an den Kommerz denken – wer sich da dann aber komplett verdrehen lässt, endet in einer Castingshow. Wer sich treu bleiben möchte, wird zu 99% keinen Durchbruch (eher Durchfall) schaffen (so wie es auch viele Computerprogrammierer nicht schaffen, so berühmt wie Steve Jobs zu werden). Das 1% aber soll glücklich sein und schätzen was es hat. Kurz: Wer Musik macht um reich zu werden, dem empfehle ich eine andere Businesssparte.
Lange Rede – kaum ein Sinn: die Zusammenarbeit mit Michael kam per Mailverkehr zustande. Zuerst wollten wir nur das Mastering, aber Michael mochte unsere Musik und meinte, dass er auch mehr beim Mix herausholen konnte – und recht hat er gehabt! Ich liebe das neue Album und bin sehr dankbar, dass ich mit Michael arbeiten durfte – wenn es nach uns und ihm geht, war es auch nicht das letzte Mal. Er ist ein super netter Typ und ich bereue keinen Cent, den wir investiert haben. Ob das ganze rentabel ist – ähm, naja. Wir haben den Studioaufenthalt gleich mit einem schönen Amerika-Urlaub verbunden und es uns recht gut gehen lassen. Michael hat uns einen fairen Preis gemacht. Aber – man darf auf jeden Fall davon ausgehen, dass wir einige CDs verkaufen müssen, damit das investierte Geld wieder reinkommt – also kauft das neue Album – ist wirklich dufte!
J.A.: Du hast ein paar Sachen für Computergames produziert. Im Vorgespräch sagtest Du, Du wärst da eher zufällig reingerutscht. Kannst Du uns trotzdem kurz umreißen, worauf es bei der Produktion von Musik für Games ankommt?
J.P.: Naja, die Mehrzahl ist da schon etwas übertrieben. Wobei es darauf ankommt, sind wieder Kontakte zu haben bzw. zu knüpfen und kooperativ zu sein (also nicht sturheil seine musikalischen Vorlieben dem Kunden aufs Aug’ drücken … kommt nicht gut). Man muss sich klar sein, dass man als Produzent Dienstleister ist, wie ein Frisör – und nur zweitrangig ein Künstler (ein bisschen Kunst ist ja beim Frisieren auch dabei). Deswegen wieder – Musik ist ein Geschäft und z.B. eine Band ist eine Firma unter Millionen.
Bei der Produktion der Game-Songs habe ich darauf geachtet, dass ich alles recht modern produziert habe – sprich moderne Sounds und immer feste komprimieren (auch wenn ich das sonst nicht mag). Gut ist auch, wenn der Track nicht zu komplex ist und sich die Teile wahllos loopen und neu aneinanderreihen lassen. Wie es halt der Kunde wünscht.
J.A.: Du hast auch einige andere Musiker produziert. Bist Du dazu auch eher zufällig gekommen, oder hast Du Dich in bestimmter Weise als Produzent selbst promotet, um an Jobs zu kommen? Wenn ja, wie?
J.P.: Naja, eigentlich kommen die Leute eher zu mir, bis auf wenige Ausnahmen. Da ich aber (noch) nicht hauptberuflich Produzent bin und das Geld nur bedingt brauche, kann ich mir aber Gott sei dank aussuchen, wer sich in meinen heiligen Studiohallen ausbreitet. Einwurf – das kann ich übrigens auch empfehlen: Leute, lernt zuerst was Ordentliches, mit dem ihr Geld macht und Musik macht ihr erstmals nebenbei – Musikproduktion ohne Geldsorgen ist qualitativ sicher besser, als wenn man jeden Dreck produzieren muss, um sich seine tägliche Nudelsuppe machen zu können. Und man ist auch nicht gleich so frustriert, wenn man einmal einen Auftrag nicht bekommt – dafür muss man halt anfangs mit einer rund 80-Stunden-Woche rechnen …wem das zu viel ist, der sollte lieber die Musik an den Nagel hängen.
Jetzt wieder zurück: also die Leute fragen meistens bei mir an und wenn mich das Projekt interessiert und ich die Personen mag, dann machen wir was. Generell ist aber Eigenpromotion sehr wichtig – und wer Musiker ist und abstreitet, nicht gewisse narzisstische Züge zu haben (das fängt mit einer schicken Homepage an und endet mit Visitenkarten, Kugelschreibern, Signature-Plektren und -gitarren, Kaffeetassen und Kugelschreibern), der ist nicht ehrlich zu sich. Selbstvermarktung funktioniert nur dann, wenn man von sich und seiner Arbeit überzeugt ist. Das bin ich und langsam hamstere ich auch die Lorbeeren dafür ein.
Ich denke, die Leute merken einfach, dass ich liebe, was ich mache, ich dafür keine Kosten und Mühen scheue und mich immer bemühe, das Beste herauszuholen – und dabei sollte man maximal authentisch bleiben!
Und solange in mir noch so stark das Feuer brennt, werde ich immer weitermachen. Und wie gesagt – langsam kommt der Erfolg.
J.A.: Im letzten Jahr hast Du angefangen, Dein Musical „Rock n’ Roll Highway“ zu konzipieren. So etwas auf die Beine zu stellen erfordert viel Arbeit, vor allem aber auch Mut. Wie finanzierst Du das ganze?
J.P.: Ja, das macht nicht jeder. Und es fordert viele Opfer – zum Beispiel das Privatleben! Dafür muss man einfach der Typ sein. Ich bin ein großer Freund von Musicals – gerade die rockigen Schinken haben es mir angetan. Ich komponiere in jeder freien Minute meines Lebens und habe bereits viele hundert Songs geschrieben – einige habe ich immer mit Musicalsongs assoziiert. Und durch alle möglichen (legalen) Einflüsse hat sich dann in meinem Kopf einfach eine geile Geschichte entwickelt.
Dann – der Plot stand, die Songs waren fertig – jetzt ging’s ans Drehbuch schreiben. So etwas habe ich noch nie gemacht, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Also habe ich alle möglichen Drehbücher studiert, mir viele Musicals angesehen, und mir Ideen geholt, wie was umgesetzt wird. Glücklicherweise konnte ich auch ein paar „alte Hasen“ im Musicalgeschäft davon überzeugen, dass mein Musical ein Hit wird – und sie sind aufgesprungen. Jetzt helfen sie mir vor allem beim Drehbuch, beim Casting und bei der szenischen Umsetzung und Bühnengestaltung. Sie fungieren mittlerweile als meine Mentoren und helfen mir auch, die Finanzierung aufzustellen.
Die Sache ist die: die Musik und das Drehbuch hat nichts gekostet, außer viele Stunden meines Lebens (und da sind wir wieder – wer so was nicht gern macht und in erster Linie Kohle verdienen will, sollte Jus studieren), den Rest habe ich in die Hände meiner Mentoren gelegt (Casting, Förderungen, Sponsoring – wenn man geschickt ist, zapft man auch ein bisserl die Politik an).
Mittlerweile zeigen bereits größere (deutsche) Produktionsfirmen Interesse an dem Musical. Wenn das alles so aufgeht, wie ich das plane, dann gibt’s bald ein zweites „Grease“ … und dann wird’s Zeit für Urlaub – und ich setz mich auf die Malediven ab!
J.A.: Die Inseln kann ich übrigens empfehlen… Wie gestaltet sich die Suche nach Geldgebern? Wie überzeugst Du Dein Gegenüber?
J.P.: Nein, ich habe einen 40h Job und investiere alles was ich habe in die Musik. Ich habe eine 7-Tage Woche und komm im Durchschnitt auf 80h (manchmal mehr, manchmal weniger) Arbeit in der Woche. Was ich nicht an Geld habe, mache ich mit Fleiß wett. Aber generell gibt es Leute, die mich (nicht materiell) unterstützen – und das ist auch oft Gold wert! Wie ich diese Menschen überzeuge? Wie oben erwähnt: ich glaube ganz fest an das, was ich mache und brenne dafür – es ist mein Leben. Die Leute merken das und lassen sich von dem Feuer anstecken. Sie wissen, dass das, was ich verkaufe, zu 100% ich bin. Und das spürt man in meiner Musik und in meinen Projekten.
J.A.: Was steht als nächstes an und wann und wo werden wir „Rock n’ Roll Highway“ erleben können?
J.P.: Als nächstes supporten Sergeant Steel Deep Purple, danach releasen wir neue Singles (die auch im Radio gespielt werden), ein zweites Video und im September das Album. Ich habe mit ein paar Leuten ein eigenes Label gegründet, wo ich aber nur Projekte von mir unter Vertrag nehme. Ich möchte hier nicht für andere arbeiten. Wir klappern gerade geeignete Vertriebspartner ab. Nebenbei werde ich ein paar andere Musiker und Bands produzieren (was macht man denn sonst in seiner Freizeit). Bald geht’s mit der dritten CD von Sergeant Steel los, eine kleine Tour soll’s geben und natürlich wird’s mit dem Musical immer ernster – da fangen demnächst die Castings an.
J.A.: Deine „famous last words“ (mit Business-Bezug):
J.P.: Don’t dream your life, live your dream! Danke, dass euch offensichtlich so langweilig ist und ihr das Ganze bis zum Schluss gelesen habt. Und natürlich danke für das Interview!
Wir danken Dir, Jack, für Deine wirklich ausführlichen Antworten sowie für die Zeit, die Du Dir dafür genommen hast.
Mehr über Jack Power erfahrt Ihr auf seiner Website Jack-Power.com.